Sportsucht und Freizeitsport
Dr. Flora Colledge hielt am Panathlon-Meeting vom 16. November 2025 ein Referat zu "Sportsucht und Freizeitsport". Die Belgierin forscht zu diesem Thema an der Universität Luzern, betreibt aber auch Spitzensport als Triathletin. So stand sie schon mehrmals auf dem Podest eines der härtesten Triathlons, dem Norseman-Triathlon in Norwegen (3,8 km Schwimmen im ca. 15° kalten Wasser, 180 km Radfahren mit einer Höhendifferenz von 3'300 m und 42,2 km Laufen mit einer Höhendifferenz von 1'800m). Sind solche Leistungen ohne Sportsucht möglich?
Sportsucht und Spitzensport lassen sich gemäss Flora Colledge nicht vereinbaren. Spitzenleistungen erfordern Leidenschaft, einen gezielten Trainingsaufbau und ausreichende Regenerationsphasen. Bei einer Sportsucht ist der Trainingsaufwand konstant hoch, auch bei gesundheitlichen Schwächen. Der Trainingsumfang alleine ist noch kein Indikator einer Sportsucht.
Das Forschungsgebiet Sportsucht ist relativ jung und wissenschaftlich noch wenig belegt, die klare Diagnose einer Sportsucht schwierig.Man geht davon aus, dass eine Person von 1'000 darunter leidet. Häufig stecken hinter einer Sportsucht primär psychische Störungen. Zur Ermittlung einer Suchtgefahr werden zum Beispiel folgende Punkte angeschaut:
- Training ist das wichtigste in meinem Leben
- Es haben sich bereits Konflikte zwischen mir und meiner Familie/meinem Partner bezüglich der Menge meines Trainings ergeben.
- Ich nutze Trainings als einem Weg um meine Stimmung zu ändern.
- Mit der Zeit habe ich die Menge meines Trainings pro Tag erhöht.
- Wenn ich ein Training ausfallen lassen muss, fühle ich mich launisch und reizbar.
- Wenn ich die Menge meines Trainings reduziere und dann wieder beginne, ende ich immer wieder bei der Menge, die ich vorher durchgeführt habe.
Ein erhöhtes Risiko haben im Ausdauerbereich oder in Fitnesszentren trainierende FreizeitsportlerInnen beider Geschlechter mit psychischen Problemen wie Depressionen oder einem geringen Selbstwertgefühl im Alter um 40 Jahren.
U.a. folgende Merkmale können auf eine Sportsucht hinweisen:
- Bewegungseinheiten zu verpassen oder zu reduzieren haben einen erheblichen Einfluss auf die Stimmungslage, provozieren Gefühle von Angst und/der Scheitern.
- Die Gedanken drehen sich häufig und unkontrollierbar um Bewegung.
- Bewegung wird als Bewältigungsstrategie für negative oder stressige Lebensereignisse genutzt.
- Es wird trotz Krankheit oder Verletzung weiterhin in hohen Intensitäten trainiert.
- Beziehungen, Jobs oder die Ausbildung werden durch das Bewegungspensum gefährdet.
Negativ betroffen von einer Sportsucht sind wenige, die grosse Mehrzahl tut mit sportlichen Aktivitäten etwas Gutes für Körper und Geist.
Urs Grüter