"Wenn die es schaffen, schaffe ich es auch"

Kurzbericht über das Meeting vom 12.03.2020

19 Vereinsmitglieder erhielten am Meeting vom 12. März in den neu sanierten Räumlichkeiten vom Seeclub Luzern einen spannenden Einblick ins Leben des Spitzenringers Stefan Reichmuth. "Stifi", wohnhaft in Grosswangen, stammt aus der Ringerhochburg Willisau.

Den bisher grössten Erfolg in seiner sportlichen Laufbahn erzielte Stifi im Jahre 2019 mit dem sensationellen Bronzeplatz an der WM in Kasachstan und der gleichzeitigen direkten Qualifikation für die Olympischen Spiele 2020 in Tokyo. Dieser Erfolg war der erste Medaillengewinn eines Schweizer Ringers an einer WM oder OS seit 35 Jahren (Hugo Dietsche, OS 1984 in Los Angeles). Die Resonanz auf den Medaillengewinn im Freistilringen der Gewichtsklasse 86 kg war gross und für einen Sportler eines Randsports ungewöhnlich. Stifi schaffte es mit Bild auf die Titelseite der NZZ, erhielt eine Einladung ins Sportpanorama und wurde in seiner Wohngemeinde Grosswangen mit Musik von über 800 Menschen begeistert empfangen.

Der Weg zu den sportlichen Erfolgen war und bleibt eine grosse Herausforderung. Stifi wurde 1994 geboren. Schon sein Vater war Nationalturner und Ringer. Stifi profitierte stets von einer breiten Unterstützung seiner ganzen Familie, aus finanziellen Gründen wohnt er heute noch zu Hause. Seit Kindheit ist er ein Mitglied vom RC Willisau, auch als Spitzenringer engagiert sich Stifi im Verein und hilft u.a. im Nachwuchsbereich mit.

Stifi ist als gelernter Zweiradmechaniker mit einem minimalen Pensum von 8% bei der Firma Stöckli angestellt. Das bescheidene Leben eines Ringer-Profis finanziert er seit zwei Jahren mit Unterstützungen vom Verband, der Sporthilfe, dem Bund (Sportsoldat), dem Kanton (Sportförderprojekt "unsere Helden"), Sponsoren, dem Gönner-Club Stifi 1994 (siehe www.stifi.ch) und wie oben erwähnt der Eltern (Kost und Logie).

Der Ringersport ist geprägt und dominiert von Athleten aus Oststaaten, die ab dem 5. Altersjahr intensiv im Ringen gefördert werden. Um Erfolg zu haben, geht Stifi neue Wege, lebt und trainiert über 200 Tage im Jahr unter einfachsten Bedingungen in Ostblockländern. Im letzten Jahr erhielt Stifi zusammen mit einem Kollegen vom georgischen Verband eine einfache 2-Zimmer Wohnung im 14. Stock eines Hochhauses. Der Lift funktionierte häufig nicht, Stromausfälle und Wasserunterbrüche gehörten zur Tagesordnung, die Schränke waren von den Vorgängern noch belegt, die Betten mit den dünnen Matratzen krachten bald zusammen und mussten mit Tapes geflickt werden.

Das einfache Leben und die harten Trainings mit Sparringpartnern stärken Stifi menschlich und sportlich. Viel profitieren kann Stifi auch vom Rumänen Nicola Ghita, der seit drei Jahren als vollamtlicher Nationaltrainer beim Ringerverband angestellt ist. Nicola Ghita, selbst 4x als Athlet und 4x als Trainer an Olympischen Spielen, ist in Rumänien ein viel beachtetes Idol. Nicola Ghita ist viel mit Stifi unterwegs, eine sehr enge Bezugsperson, wenn notwendig aber auch sein Physio oder Coiffeur, sowie mit 53 Jahren immer noch ein starker Trainingspartner.

Im März/April finden Qualifikationsturniere für die Olympischen Spiele in Tokyo statt, die Stifi nicht mehr absolvieren muss. Stifi trainiert 12x wöchentlich in Willisau und hat mit finanzieller Unterstützung durch den Gönner-Club zwei georgische Sparringpartner engagiert. Im Hinblick auf die Olympischen Spiele stellt er zudem Portraits von sämtlichen möglichen Gegnern zusammen.

Der Medaillengewinn an den Weltmeisterschafen war für Stifi ein sehr emotionaler Moment, ein erstes grosses Ziel wurde erreicht. Stifi fühlt sich mental und körperlich sehr stark, der Gewinn einer weiteren Medaille an den Olympischen Spielen in Tokyo ist für ihn ein durchaus realistisches Ziel.

Wir wünschen dem sympathischen Sportler, dass dieser grosse Traum in Erfüllung geht.

Urs Grüter
Sekretär Panathlon Club Luzern